Der entscheidende Unterschied

Wer im sportlichen Wettkampf, insbesondere im Spitzensport, wo es um hundertstel Sekunden und Zentimeter geht, vorne sein will, der muss nicht nur körperlich topfit sein – sondern auch mental.  „Im Hirn wird viel mehr entschieden als mit den Füßen“, bringt es Fußballtrainerlegende Jupp Heynckes auf den Punkt.[1]

Einer, der sich seit mehr als 20 Jahren auf das Thema mentale Stärke im Sport fokussiert, ist der 46-jährige Sportpsychologe und Mentalcoach Christian Schmidhofer aus Linz in Österreich.  Der Autor des Buchs „Stark im Kopf: Mit mentaler Stärke zum Sieg“ (erschienen 2021 im Verlag Nina Roiter) unterstützt sowohl Einzelsportler als auch Teams aus den verschiedensten Sportarten im mentalen Bereich – Schwerpunkte sind dabei unter anderem die Themen Umgang mit Leistungsdruck, Nervosität und Konzentration.

Im Gespräch mit Sports-Montfort verrät Schmidhofer mehr über seine Tätigkeit und worauf es im mentalen Bereich ankommt.

1. Können Sie uns bitte etwas über Ihren Background verraten?  Wie sind Sie auf Ihren Beruf gekommen?  

Ich habe Psychologie studiert und im Lauf der Jahre Zusatzausbildungen (Mentaltrainer, Sportpsychologe, Einzel- und Teamcoach) absolviert.  Mir war wichtig die Psychologie und den Sport – den ich selbst in Form von Tennis, Fußball und Laufen ausübe – zu verbinden.  Vor etwa 20 Jahren hat sich dann die erste Möglichkeit ergeben, ich konnte die Betreuung einer Nachwuchs-Tennisspielerin übernehmen – weitere Klienten folgten bald, so ist es mir gelungen in diesem Beruf Fuß zu fassen.  Ich bin sehr froh, dass ich es geschafft habe mein Hobby zum Beruf zu machen.

2. Was ist das Schöne an Ihrer beruflichen Tätigkeit als Sportpsychologe und Mentalcoach?

Dass sie sehr abwechslungsreich ist, verschiedene Herausforderungen, viele und neue Lösungen zu entdecken.  Und dass sich die Prinzipien der Sportpsychologie auch auf andere Gebiete anwenden lassen – ich arbeite auch mit Klienten aus der Wirtschaft und aus dem Sozialbereich zusammen.  Überall wo sich Leute Ziele setzen, kann man mit mentaler Stärke etwas erreichen.      

3. Die Leistungen im Spitzensport liegen oft hauchdünn beieinander.  Was macht bei gleichem Talent und Einsatz den entscheidenden Unterschied zwischen Sieg und Niederlage aus?  Wie viel entscheidet sich im Kopf?

Wenn die konditionellen, technischen und taktischen Fähigkeiten gleich sind, entscheidet mentale Stärke über Sieg oder Niederlage – wie ich über mich, den Wettkampf, einen möglichen Gegner denke und was ich mir zutraue.

4. Was zeichnet einen mental starken Sportler aus? 

Dass er an sich glaubt und von seinen Fähigkeiten überzeugt ist.  Und dass er im entscheidenden Moment fokussiert ist und mit Rückschlägen gut umgehen kann.  Wichtig ist dabei auch die Bedeutung, die ich einem Wettbewerb und dem Ergebnis beimesse – auf der einen Seite soll einem der Event natürlich wichtig sein um die nötige Spannung aufzubringen, auf der anderen darf man sich nicht verkrampfen und zu viel wollen.  Mental starke Sportler sind Meister darin diesen Spagat zu schaffen, diese innere Balance zu finden.

5. Wie gehen mental starke Sportler mit Niederlagen um?

Sie sehen Niederlagen als Teil des Ganzen, forschen nach Ursachen und versuchen es beim nächsten Mal besser zu machen.  Fußballcoach Ralph Hasenhüttl beschreibt das sehr schön: „Wir verlieren nie.  Entweder wir gewinnen oder wir lernen etwas dazu.“ 

6. Was kann ein Sportler tun um mental stärker zu werden?  Wie kann man eine Siegermentalität entwickeln?  

Er arbeitet permanent an sich selbst – reflektiert sein Verhalten, lernt daraus, macht mentale Übungen zu den Themen Konzentration, Entspannung, Visualisierung und stärkt sein Selbstvertrauen.

7. Würden Sie bitte drei Tipps verraten, die Sportlern helfen können um mental stärker zu werden?

Laufend Erfolge und gute Trainingsleistungen zu visualisieren, Konzentrationsübungen und wettkampfspezifisches Training.  Ein Beispiel aus dem Tennissport: wenn ich im Training bewusst stressvolle Situationen erzeuge, etwa ein Tiebreak simuliere, dann kann ich mich bewusst auf Momente, in denen es „gilt“, vorbereiten.

8. Gibt es einen bekannten Sportler/eine bekannte Sportlerin, der/die Sie ob seiner/ihrer mentalen Stärke besonders beeindruckt bzw. (falls bereits zurückgetreten) beeindruckt hat?  Warum hat er/sie besonders beeindruckt?

Es sind zwei: Marcel Hirscher, der immer, wenn es darauf ankam, geliefert hat, sich immer verbessern wollte und sich nie mit dem Erreichten zufrieden gab – er hatte einen extrem guten Fokus, schaffte es, wenn es darauf ankam, in den Tunnel zu kommen und Störfaktoren auszublenden.  Und Rafael Nadal, weil er bei wichtigen Spielständen immer sein bestes Tennis abrufen kann.


[1] Zitat von Jupp Heynckes im Dokumentarfilm “KROOS” über Real-Madrid-Star Toni Kroos.